14. Jänner 2025

Stürmische Zeiten für den Alpengams

Wie der Lebensraumwandel eine Symbolart der Alpen herausfordert

Der Alpengams (Rupicapra rupicapra) ist eine Symbolfigur der alpinen Lebenswelt. Doch selbst diese an die rauen Bedingungen der Alpen hervorragend angepasste Tierart steht vor gravierenden Herausforderungen. Einblicke in aktuelle Studien und Entwicklungen zeigen, wie stark der Lebensraumwandel das Überleben dieser Wildart beeinflusst.

Schwindende Bestände: Alarmsignal für die Alpen

Obwohl der Alpengams laut der IUCN nicht als gefährdet gilt, gibt es regionale Rückgänge. In Österreich werden jährlich rund 20.000 Gams erlegt – 5.000 weniger als vor 20 Jahren. In hochalpinen Regionen zeigt sich ein Bestandsrückgang, während in niedrigeren Lagen Zuwächse beobachtet werden. Diese Entwicklung spiegelt den Wandel des Lebensraums wider, verursacht durch Faktoren wie Klimawandel, menschliche Störungen und Konkurrenz mit anderen Wildtieren.

Klimawandel und seine Auswirkungen

Der Klimawandel verändert die Lebensbedingungen in den Alpen. Höhere Temperaturen und extreme Wetterereignisse beeinflussen die Nahrungsverfügbarkeit und den Energiehaushalt der Gams. Studien zeigen, dass Gams bei steigenden Temperaturen mehr Zeit ruhend verbringen, was die Nahrungssuche einschränkt. Dadurch können wichtige Energiereserven für den Winter fehlen, was die Sterblichkeit erhöht.

Eine Anpassung an die veränderten Bedingungen zeigt sich in der vermehrten Nutzung von Lebensräumen unterhalb der Baumgrenze. Wälder bieten kühlere Mikroklimata und ausreichende Nahrung. Diese Verlagerung birgt jedoch Risiken: Konzentrationen von Gams in Wäldern können Schäden an der Vegetation verursachen und Konflikte mit Forstwirtschaft und Naturschutz auslösen.

Alpengams
Alpengams

Menschliche Präsenz und Freizeitstress

Der Mensch ist ein weiterer Stressfaktor für die Gams. Freizeitaktivitäten in alpinen Regionen führen zu Störungen, die für den Menschen unsichtbar bleiben, das Verhalten der Gams jedoch stark beeinflussen. Geeignete Rückzugsräume werden knapper, und die Tiere weichen zunehmend in suboptimale Gebiete aus.

Konkurrenz mit anderen Wildarten

Neben menschlicher Präsenz wird der Lebensraum des Gams zunehmend von anderen Wildarten wie dem Rotwild genutzt. Konkurrenz um Nahrung und Schutzplätze könnte langfristig die Gamsbestände beeinträchtigen. Vorläufige Ergebnisse einer Studie im Nationalpark Hohe Tauern zeigen jedoch, dass die Gams bislang nur wenig räumlich auf Rotwild reagiert.

Der Weg in die Zukunft: Wissenschaft trifft Praxis

Die Herausforderungen für die Gams verdeutlichen die Notwendigkeit eines nachhaltigen Wildtiermanagements. Ruhe, Nahrung und Schutz sind essenzielle Bedürfnisse dieser Tierart, deren Erfüllung durch den Lebensraumwandel immer schwieriger wird. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis kann helfen, zukunftsorientierte Strategien zu entwickeln.

Um die Gams als Symbol der Alpen zu bewahren, braucht es langfristige Maßnahmen, die den Lebensraum schützen und an neue Gegebenheiten anpassen. Nur so wird der Gams weiterhin als lebendiger Bestandteil der Alpenregion Bestand haben können.

Quelle: Österreichs Weidwerk 11/2024